Erschienen im Wiener Wissenschaftskompass
Gleich neben der Österreichischen Nationalbibliothek befindet sich die Sammlung alter Musikinstrumente des Kunsthistorischen Museums. Die prächtigen Räume der Hofburg sind gefüllt mit zahlreichen Zupf-, Streich-, Blas- und Tasteninstrumenten. Altes und Kurioses mischt sich mit Höfischem und Pompösem. Die Kuratorin Beatrix Darmstädter im Gespräch.
Woher stammen all diese Exponate?
Die frühen Objekte stammen zum Großteil aus der Sammlung des Schlosses Ambras. Diese Sammlung wurde von Erzherzog Ferdinand gegründet und 1580 abgeschlossen. Der zweite Kern der Sammlung kam durch Erbschaft von der Dynastie der Obizzi aus dem Schloss Catajo in Norditalien an die Habsburger. Um 1870 sind die Objekte in einer großen „Umzugsaktion“ nach Wien gewandert.
Wie unterscheiden sich die Sammlungen?
Die Sammlung aus Ambras zeichnet sich dadurch aus, dass es herausragende Objekte gibt mit kunsthistorischem Wert. Die Sammlung vom Schloss Catajo zeichnet sich dadurch aus, dass man wahnsinnig großes Repertoire an Gebrauchsinstrumenten hat. Instrumente, die tatsächlich gespielt wurden. Für die Wissenschaft – vermessen, nachbauen – ist die Sammlung Catajo interessanter. Für viele Kunsthistoriker und für die meisten Besucher ist das genau umgekehrt. Sie bevorzugen die optisch schönsten Instrumente.
Was ist das Besondere an der Sammlung?
In der historischen Ausstellung werden nur Originale gezeigt. Es soll die ästhetische Integrität von einer historischen Ausstellung durch Kopien und andere Installationen nicht gestört werden. Das ist zumindest unsere Ansicht im Kunsthistorischen Museum. Es gibt jedoch Momente, wo man gezwungen ist, zu rekonstruieren. Das ist für den Besucher sehr sinnvoll. Rekonstruktionen werden deutlich sichtbar gemacht.
Wie finanziert sich die Sammlung?
Seit Jahren gibt es kein Ankaufsbudget. Wenn ein Objekt für interessant erachtet wird, sind die Sammlungen angehalten, sich um Donatoren oder Sponsoren umzusehen. In etlichen Fällen sind wir erfolgreich und freuen uns ganz besonders über die neuen Exponate – aber auch über Leihgaben. Vor 15, 20 Jahren gab es noch ein größeres Budget vom Staat, da ging es noch leichter. Aber jetzt müssen wir mit weniger Geld leben – das betrifft aber alle ehemals staatlichen Museen. Glücklicherweise finden wir immer wieder Wege, neue Instrumente zu bekommen. Oft werden uns Objekte gewidmet oder geschenkt.
Wie können sich Besucher informieren?
Es gibt Objekttexte und Wandtexte. Darüber hinaus haben wir eine Hands-On-Zone. Hier wird der Besucher in dem Infoniveau abgeholt, das er von zu Hause mitbringt. Auf Terminals und verschiedenen Geräten kann man ausprobieren, wie die Technik der Musikinstrumente funktioniert. Die Mechanik eines Klaviers, die in einem geschlossenen Instrument eingebaut ist, kann man verbal nur schwer erklären. Deshalb hat der Besucher hier die Möglichkeit, sich mit diesen technischen Fragestellungen anhand von Modellen auseinander zu setzen. Unsere Audioguides spielen Musikbeispiele zu den einzelnen Objekten ab.
Was kann man in der Hands-On-Zone ausprobieren?
Zum Beispiel ein Pantalon, ein Tasteninstrument, das vom höfischen Hackbrett abgeleitet ist. Das hat verschiedene Register, die unterschiedlich klingen. Die kann man ausprobieren und die Unterschiede erhören. Daneben stehen noch ein Clavichord und ein Spinett. Auch über den Musikinstrumentenbau werden Informationen geboten. In Wien gab es sehr viele Instrumentenbauer – deshalb sind hier Geigenschablonen, eine umgedrehte Lautendecke und verschiedene Accessoires ausgestellt.
Zur Person:
Mag. Dr. Beatrix Darmstädter, MAS, studierte Musikwissenschaft, Philosophie, Saxophon (Klassik) und Exhibition and Cultural Communication Management. Seit 2001 ist sie in der Sammlung alter Musikinstrumente tätig, seit 2004 deren Kuratorin. Neben ihrer umfangreichen Forschungstätigkeit unterrichtet Darmstädter Saxophon, Bläserkammermusik, Musikgeschichte und Instrumentalkund an mehreren Wiener Konservatorien.