Erschienen auf science.ORF.at
Es ist gut, ein Muttersöhnchen zu sein. Zumindest für manche Primatenarten. Rangniedrigere Bonobo-Männchen werden von ihren Müttern tatkräftig unterstützt, wenn sie auf Weibchenschau sind. Das erhöht tatsächlich deren Paarungserfolg – und sogar die ranghöchsten Männchen machen Einbußen.
Kategorie: Verhaltensforschung Erstellt am 01.09.2010.
Eine enthusiastische Bonobo-Mutter kann schon einmal ein anderes Männchen in die Flucht schlagen, wenn der Sohn gerade seine Auserwählte umgarnt.
Leben in großen Gruppen
Bonobos leben in großen Gemeinschaften, in denen sie Untergruppen von bis zu 23 Tieren bilden. Die Männchen bilden lineare Hierarchien, wobei auch die Weibchen ausgeprägt dominant sind und teilweise hohe Ränge einnehmen. Die meisten Männchen bleiben in der Gruppe ihrer Mütter, selbst wenn sie erwachsen sind. Der Rang des Männchens sowie der der Mutter spielt in der Paarung eine große Rolle.
In zweijähriger Forschungsarbeit im Urwald der Demokratischen Republik Kongo haben Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft für evolutionäre Anthropologie in Leipzig nun herausgefunden, wie groß der Einfluss der Bonobo-Mütter auf das Sexualleben ihrer Söhne tatsächlich ist.
Erkämpfter Rang vs. Mutterbonus
Martin Surbeck und sein Team beobachteten neun Bonobo-Männchen einer Gruppe. Mit genetischen Markern hatten sie zuvor deren Verwandtschaftsverhältnisse bestimmt. Die Beobachtungen ergaben, dass die soziale Struktur unter den Männchen den Erfolg bei den Weibchen bestimmte. Das bedeutet: Das ranghöchste Männchen hat den meisten Sex mit den begehrtesten Weibchen. Wenn da nicht noch die Mütter der anderen ein Wörtchen mitzureden hätten.
Deren Anwesenheit verbesserte den Paarungserfolg ihrer Söhne erheblich. Die Mütter sind sogar bereit, in kämpferischen Auseinandersetzungen mit anderen Männchen ihre Sprösslinge zu schützen und ihnen so mehr Sex zu verschaffen. Dadurch verringert sich sogar die Anzahl der Paarungen des ranghöchsten Männchens deutlich.
In einer Gruppe mit mutterlosen Männchen vollzog das ranghöchste Männchen über 40 Prozent aller Paarungen. In Gruppen mit Mutter-Sohn-Duetten wurde hingegen nur 25 Prozent aller Paarungen vom dominanten Männchen bewerkstelligt. Griffen die Mütter jedoch nicht ein, verhielten sich die Männchen gemäß ihres Ranges.
Mütter und Söhne sind unzertrennlich
Laut Forschern entsprechen ihre Beobachtungen der Gesamtfitnesstheorie. Die Bonobo-Mütter fördern nämlich nur ihre eigenen Sprösslinge, fremde Männchen werden hingegen nicht unterstützt. „Indem die Mütter ihren Söhnen helfen, steigern sie damit möglicherweise die Anzahl ihrer eigenen Enkelkinder“, sagt Surbeck. Ferner wurde entdeckt, dass die erwachsenen Männchen 81 bis 92 Prozent der Zeit mit ihren Müttern verbringen, wenn diese in der gleichen Gruppe sind.
Das Mutter-Sohn-Verhältnis scheint ein unzertrennliches zu sein. Bonobos sind neben Schimpansen unsere nächsten Verwandten. Alles, was wir über sie lernen, zeige uns wie unsere Entwicklung verlaufen ist, fügt Martin Surbeck hinzu.
Die Studie:
„Mothers matter! Maternal support, dominance status and mating success in male bonobos“ aus dem britischen Fachjournal „Proceedings of the Royal Society B“ (sobald online)